Im System Lücken schließen: Behandlungswege für Unversicherte in der Gesundheitsbranche
Zum Arzt gehen, sich untersuchen und behandeln lassen – für einen großen Teil der Bevölkerung selbstverständlich. Bezahlt werden Behandlungen von Krankenkassen. Eine Statistik des Statistischen Bundesamtes zählte 2019 immer noch 61.000 Betroffene, die keinen Krankenversicherungsschutz haben. Dabei gilt eigentlich eine Versicherungspflicht. Besonders betroffen sind Selbständige und Erwerbslose, die bisher nie oder kaum bei Versicherungen oder Behörden in Erscheinung getreten sind.
Wer in den letzten Jahren eine Krankenversicherung besessen hat, kommt aus dem System nicht so schnell wieder heraus. Weder die PKV noch gesetzliche Krankenkassen dürfen Mitglieder ohne Anschlussversicherung einfach so entlassen. Was tun Betroffene, die keine Versicherung haben? Und welche Konsequenzen drohen?
Abbildung 1: Wer keine Krankenversicherung hat, muss Behandlungen beim Arzt oft aus eigener Tasche bezahlen oder auf besondere Hilfsangebote zurückgreifen. Doch wie lässt sich diese Situation verbessern? Bildquelle: @ Marek Studzinski / Unsplash.com
https://unsplash.com/de/fotos/ELXxMMSF_L8
Keine Krankenversicherung: Wie lässt sich eine medizinische Versorgung sicherstellen?
Keine Krankenversicherung zu haben, wird ein Problem. Einfache Behandlungen beim Arzt wegen eines Schnupfens lassen sich vielleicht noch in Anspruch nehmen. Da die PKV in der Regel keine Versichertenkarten verteilt, vertrauen Ärzte in der Regel auf die Aussagen ihrer Patienten. „Ich bin privat versichert“ – meistens reicht dieser Satz aus und ein Arzt würde auch Menschen ohne Krankenversicherung behandeln.
Aber: Die Behandlung muss natürlich jeder Betroffene selbst bezahlen. Zwischen 40 Euro bis 60 Euro sind für einen unspektakulären Arzttermin ohne Blutabnahme durchaus einzuplanen. Sobald eine Behandlung aufwendiger wird, gehen die Behandlungskosten durch die Decke.
Ein Termin beim Zahnarzt oder eine Behandlung in der Pulmologie mit Funktionstest und Atemluft-Analyse sind schnell bei 300 Euro angekommen. Wer keine Millionen unterm Kopfkissen hat, sucht sich besser schnell eine Versicherung. Zum Problem werden nicht bezahlte Beiträge aus Vorversicherungen. Diese stehen einer neuen Krankenversicherung sehr schnell im Weg.
Hilfsangebote und Notfall-Fonds
Gerade Erwerbs- und Obdachlose haben selten eine Möglichkeit, sich einfach neu zu versichern. Hier bieten Hilfsorganisationen Möglichkeiten, zumindest in Notfällen eine Behandlung zu erhalten:
- Ärzte und Pflegepersonal ist nach Feierabend mit Arzt-Mobilen an Brennpunkten unterwegs
- Oft organisieren auch Freiwillige einfach entsprechende Hilfsangebote
- Außerdem gibt es auch noch Unterstützungs- und Notfall-Fonds von Organisationen wie den Maltesern. Damit wird Menschen ohne finanzielle Möglichkeiten ein grundlegendes Maß an Therapie angeboten.
Welche Folgen hat die Krankenversicherungspflicht?
In Deutschland gibt es seit dem 1. Januar 2009 eine allgemeine Krankenversicherungspflicht, die nicht mit der Versicherungspflicht nach dem Sozialgesetzbuch für Beschäftigte bis zu einem gewissen Einkommen zu verwechseln ist. Das Ziel: Alle Deutschen sollen sich gegen Krankheitskosten versichern können. Diese Pflicht aus dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz) gilt für alle Bundesbürger.
Leider werden nicht alle Bürger automatisch erfasst. Nur, wer bereits eine Krankenversicherung hat, behält seinen Schutz. Hintergrund: Eine Kündigung laufender Verträge ist nur wirksam, wenn die Anschlussversicherung nachgewiesen werden kann.
Hohe Beitragsnachforderungen sind möglich
Was vom Gesetzgeber gut gemeint ist, hat allerdings auch handwerkliche Mängel. Dazu gehört die Tatsache, dass eine Krankenversicherung für bis zu fünf Jahre Beiträge nachfordern kann. Hintergrund: Sobald nach § 193 VVG mehr als 1 Monat zwischen Entstehen der Versicherungspflicht und dem Abschluss der Versicherung liegen, dürfen Prämien nachgefordert werden. Vom 2. bis zum 6. Monat jeweils eine Monatsprämie. Danach für jeden angefangenen Monat ein Sechstel des Monatsbeitrags – rückwirkend für bis zu fünf Jahre.
Lässt sich nicht mehr ermitteln, wie lange die Nichtversicherung andauert, wird pauschal von fünf Jahren Beitragszahlung ausgegangen – die einmalig zu entrichten ist. In diesem Fall geht es um 13 Monatsbeiträge. Liegt der Mindestbeitrag für freiwillig Versicherte in der GKV von rund 158 Euro zugrunde, reden wir von über 2.000 Euro, die als Beitragsschulden sofort auf der Uhr stehen.
Fazit: Arztbesuche ohne Krankenversicherung teuer
In Deutschland gibt es schätzungsweise rund 60.000 Menschen ohne Krankenversicherung. Für diese werden Behandlungen beim Arzt teuer – gerade, wenn es um komplizierte Behandlungen geht. Aus diesem Grund verzichten Betroffene oft auf den Arztbesuch, was nicht selten schlimme gesundheitliche Folgen nach sich zieht. Leider ist der Weg in die Krankenkasse steinig. Wer längere Zeit nicht versichert war, bekommt in diesem Zusammenhang direkt hohe Beitragsschulden aufgeladen und hat wenig Motivation, sich zu versichern. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich rechtzeitig zu informieren und nach Lösungen zu suchen. Mit fachkundiger Hilfe lassen sich Nachzahlungen eventuell senken.
- Kategorien