Drainage: Alles, was Profis über die Ableitung von Flüssigkeiten und Gasen aus dem Körper wissen müssen

Drainage: Alles, was Profis über die Ableitung von Flüssigkeiten und Gasen aus dem Körper wissen müssen

29.11.2024

Drainage im medizinischen Sinne bezieht sich auf die kontrollierte Ableitung von Flüssigkeiten und Gasen aus dem menschlichen Körper – sei es nach Operationen, bei Verletzungen oder chronischen Erkrankungen. Das dient der Unterstützung des Heilungsprozesses, verhindert Komplikationen und kann insgesamt die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessern. Es gibt verschiedene Drainagesysteme und -techniken, die zum Einsatz kommen, je nach spezifischer medizinischer Anforderung.

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Bild: Adobe Stock © Pakawadee

Anatomische Grundlagen und Relevanz der Drainage

Flüssigkeiten und Gase entstehen im Körper auf natürlichem Wege oder aufgrund pathologischer Zustände. Körperflüssigkeiten wie Blut, Lymphflüssigkeit, Eiter oder Wundsekrete können sich in Körperhöhlen, Organen oder Geweben ansammeln. Ebenso kann Luft in Bereichen wie dem Brustkorb eindringen, was zu gefährlichen Zuständen führen kann, beispielsweise zu einem Pneumothorax.

Die medizinische Drainage zielt darauf ab, den Körper bei der Ableitung dieser Flüssigkeiten und Gase zu unterstützen, um normale physiologische Prozesse zu gewährleisten. Die häufigsten Einsatzgebiete der Drainage betreffen:

  • Postoperative Phase: Nach chirurgischen Eingriffen kann sich Flüssigkeit in der Operationsregion ansammeln. Drainagen helfen, diese abzuleiten, um Schwellungen und Infektionen zu vermeiden.
  • Chronische Erkrankungen: Bei Erkrankungen wie Leberzirrhose oder Krebs kann es zur Ansammlung von Flüssigkeiten in Bauchhöhle oder im Bereich um die Lunge (Pleuraspalt) kommen, die regelmäßig drainiert werden müssen.
  • Notfälle: Verletzungen, die mit inneren Blutungen oder Lufteintritt in Körperhöhlen einhergehen, erfordern eine schnelle Drainage, um lebensbedrohliche Zustände zu vermeiden.

Arten der medizinischen Drainage

Es gibt verschiedene Arten von Drainagesystemen, die je nach medizinischer Situation zum Einsatz kommen. Diese lassen sich grob in passive und aktive Drainagen unterteilen.

Bei der passiven Drainage fließt die Flüssigkeit aufgrund von Schwerkraft oder Kapillarkräften aus dem Körper heraus. Diese Methode wird häufig bei kleineren, nicht akuten Ansammlungen von Flüssigkeiten verwendet. Beispiele sind einfache Drainagen wie Penrose-Drainagen, die oft bei kleineren chirurgischen Eingriffen verwendet werden.

Die aktive Drainage nutzt ein Unterdrucksystem, um Flüssigkeiten und Gase aktiv aus dem Körper zu befördern. Solche Systeme sind besonders nützlich in der postoperativen Phase und bei größeren Flüssigkeitsansammlungen. Zu den häufig verwendeten Systemen gehört die Redon-Drainage, die eine Sogwirkung erzeugt und überschüssige Flüssigkeiten effektiv entfernt.

Thoraxdrainage

Die Thoraxdrainage wird verwendet, um Luft, Blut oder andere Flüssigkeiten aus dem Pleuraspalt zu entfernen, der die Lunge umgibt. Ein Pneumothorax, bei dem Luft in diesen Bereich eindringt, führt zu einem Kollaps der Lunge und muss dringend behandelt werden. Die Thoraxdrainage stellt sicher, dass die Lunge wieder expandieren kann und der Druck im Brustraum ausgeglichen wird. Häufig wird dabei ein Drainageschlauch in den Thorax eingeführt, der mit einem Unterdruckgerät verbunden ist, um die unerwünschten Substanzen abzusaugen.

Abdominale Drainage

Bei Flüssigkeitsansammlungen im Bauchraum, wie sie häufig bei Erkrankungen wie Leberzirrhose oder malignen Erkrankungen auftreten, wird die abdominale Drainage eingesetzt. Diese ermöglicht die Entleerung von Aszitesflüssigkeit oder eitrigen Abszessen, um Druck zu mindern und das Risiko von Infektionen zu senken.

Zu den eingesetzten Verfahren gehört die Punktion, bei der eine Nadel durch die Bauchdecke in die Flüssigkeitsansammlung eingeführt wird, um diese abzuleiten. Sind die Ergüsse wiederkehrend, ist eine Dauerdrainage, auch IPC (indwelling pleural catheter) genannt, mittels Drainageschlauch sinnvoll.

Wunddrainage

Die Wunddrainage spielt nach chirurgischen Eingriffen eine zentrale Rolle, um Blut und Wundsekret aus dem Operationsbereich abzuleiten. Dies ist besonders wichtig, um Schwellungen zu reduzieren, den Heilungsprozess zu beschleunigen und Infektionen vorzubeugen. Auch bei Ansammlungen von Eiter in abgeschlossenen Gewebshöhlen (Abszess) werden Drainagen respektive spezielle Abszessdrainagen verwendet.

Je nach Art der Wunde und Menge der Flüssigkeit kommen verschiedene Systeme zum Einsatz. Zu den häufig verwendeten Systemen gehören die bereits genannte Redon-Drainage, die mittels Unterdruck Flüssigkeiten absaugt und besonders nach größeren Eingriffen eingesetzt wird, sowie die Penrose-Drainage bei kleineren Wunden. Für Wunden mit hohem Sekretaufkommen gibt es auch die Jackson-Pratt-Drainage, die ebenfalls mittels Unterdruck funktioniert. Alle Systeme haben das Ziel, die Bildung von Flüssigkeitsansammlungen zu verhindern und den Heilungsprozess zu unterstützen.

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Lymphatische Drainage

Bei der lympathischen Drainage handelt es sich um ein spezielles Verfahren, das bei der Behandlung von Lymphödemen angewendet wird. Lymphödeme entstehen durch eine Störung des Lymphabflusses, die zu einer Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe führt. In vielen Fällen wird die manuelle Lymphdrainage durchgeführt, eine therapeutische Maßnahme, bei der die Lymphflüssigkeit durch spezielle Massagetechniken in Richtung der Lymphknoten abgeleitet wird. In schweren Fällen kann auch eine chirurgische Drainage notwendig sein.

Materialien und Instrumente in der medizinischen Drainage

Für die Durchführung der Drainage stehen verschiedene Materialien und Instrumente zur Verfügung, die je nach Einsatzgebiet und medizinischem Bedarf ausgewählt werden. Dazu zählen:

  • Drainageschläuche: Diese Schläuche sind das zentrale Element in jedem Drainagesystem. Sie bestehen meist aus Silikon oder PVC, da diese Materialien biokompatibel und flexibel sind. Silikon wird aufgrund seiner hohen Verträglichkeit und der geringen Reizung des Gewebes bevorzugt, während PVC widerstandsfähiger ist und in Situationen mit erhöhter mechanischer Belastung eingesetzt wird.
  • Sauggeräte: Diese Geräte werden häufig in der aktiven Drainage eingesetzt, um einen kontinuierlichen Unterdruck zu erzeugen. Dadurch wird Flüssigkeit oder Luft aus Körperhöhlen wie der Pleura oder aus Wundgebieten effizient abgesaugt.
  • Reservoir: Nach dem Absaugen wird die Flüssigkeit bzw. das Gas in einem sogenannten Reservoir aufgefangen. Das ist in unterschiedlichen Ausführungen und Größen verfügbar.
  • Filter und Ventile: Diese Komponenten sind entscheidend, um die Sicherheit des Drainagesystems zu gewährleisten. Filter verhindern das Eindringen von Bakterien, die Infektionen verursachen könnten. Bei Thoraxdrainagen wird zudem häufig ein Heimlich-Ventil eingesetzt, das die Rückführung von Luft in den Brustraum verhindert und so einen erneuten Pneumothorax verhindert. Einfache Anti-Rückfluss-Ventile sorgen dafür, dass die Flüssigkeit nur in eine Richtung abfließen kann.

Diese Materialien und Instrumente sind unerlässlich für die Sicherheit und Effektivität von Drainagesystemen. Fortlaufende Weiterentwicklungen in den Bereichen Biokompatibilität und Materialwissenschaften verbessern die Verträglichkeit und Funktionalität dieser Systeme kontinuierlich

Potenzielle Komplikationen und Risiken

Trotz der Vorteile der Drainage gibt es auch Risiken, die bei der Anwendung bedacht werden müssen. Der Eintritt von Fremdkörpern in den Körper, wie etwa Drainageschläuche, birgt immer ein Infektionsrisiko. Eine sorgfältige antiseptische Pflege der Einstichstellen ist daher unerlässlich. Besonders bei invasiven Drainageverfahren besteht zudem das Risiko, dass umliegendes Gewebe oder Organe verletzt werden.

Eine Verstopfung der Drainage ist ein weiteres Risiko. Ablagerungen, Blutgerinnsel oder Gewebeteile behindern hier den Abfluss. Dadurch kann die Flüssigkeit nicht mehr wie vorgesehen abgeleitet werden, was zu einem Rückstau führt. Dies erhöht das Risiko von Komplikationen wie Infektionen, Schwellungen oder Druckaufbau im betroffenen Bereich.

Bei einer Thoraxdrainage besteht die Gefahr einer Luftembolie, wenn Luft in das Venensystem eintritt, beispielsweise durch eine undichte Drainage oder unsachgemäße Handhabung. Eine Luftembolie kann lebensbedrohliche Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Versagen, Atemnot oder sogar einen Herzstillstand verursachen.

Postoperative Pflege und Nachsorge

Die Pflege von Drainagesystemen nach einem chirurgischen Eingriff ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und den Heilungsprozess zu unterstützen. Dazu gehört die regelmäßige Überprüfung des Drainagesystems auf korrekte Funktion und das Vermeiden von Verstopfungen. Zudem müssen die Einstichstellen regelmäßig desinfiziert und überwacht werden, um Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Entfernung der Drainagen erfolgt in der Regel, sobald kein überschüssiges Sekret mehr produziert wird oder der Heilungsprozess ausreichend fortgeschritten ist.

In manchen Fällen wird eine Drainage oder ein Katheter auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus notwendig, beispielsweise bei einem Pleuraerguss oder Aszites. Ganzheitliche Versorgungskonzepte umfassen hier eine schnelle und lückenlose Einweisung in den Umgang mit den Drainagesystemen durch qualifizierte Schulungsmitarbeiter, die auch zu den Patienten nach Hause kommen. So werden die Risiken von Komplikationen minimiert und reibungsloser Ablauf der Therapie gewährleistet. Diese Konzepte zielen darauf ab, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und Krankenhausaufenthalte zu reduzieren, indem die Drainage sicher und effektiv im häuslichen Umfeld und teilweise vom Patienten selbst durchgeführt werden kann.

Zukunft der Drainageverfahren: Technologische Fortschritte

Die medizinische Technik entwickelt sich ständig weiter, und auch im Bereich der Drainage gibt es immer wieder neue Entwicklungen, die eine bessere Behandlung und Versorgung ermöglichen. Fortschritte in der Materialforschung ermöglichen immer kleinere und effizientere Drainagesysteme, die weniger invasiv sind und gleichzeitig eine effektive Flüssigkeits- und Gasableitung bieten. Die Entwicklung neuer biokompatibler Materialien reduziert zusätzlich das Risiko von Infektionen und verbessert die Langzeitverträglichkeit von Drainagesystemen. So wirken etwa Silberionen, die in biokompatibles Silikon eingebunden werden, antimikrobiell.

Sensoren und digitale Steuerungseinheiten werden zunehmend in Drainagesysteme integriert, um eine präzisere Kontrolle des Flüssigkeitsabflusses zu gewährleisten. Diese Systeme können den Druck automatisch anpassen und so die Belastung für den Patienten reduzieren.

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