E-Health: Mehrheit der Deutschen nutzt Internetapotheken – digitaler Fortschritt dennoch gedämpft
Das Konsumverhalten in Deutschland verändert sich auch im Gesundheitswesen zulasten des stationären Handels. Die E-Commerce-Branche befindet sich auf dem Vormarsch und verdrängt Präsenzapotheken zunehmend vom Markt. Bereits zwei Drittel der Bundesbürger bestellen Arzneimittel online. Neben Apothekern müssen Ärzte neue Wege gehen, um am digitalen Wandel teilzunehmen.
Insbesondere die Generation 50+ ist online aktiv
Wie die von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung herausgegebene Zeitschrift Deutsches Ärzteblatt in einer Meldung im Juni berichtete, haben bereits 66 Prozent der Deutschen verschreibungspflichtige oder rezeptfreie Arzneimittel online bestellt. Dies gehe aus der Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC „Healthcare-Barometer 2019“ hervor. Hierbei wurden 1.000 Personen befragt. Zehn Prozent möchten in Zukunft im Internet einkaufen, nur 24 Prozent bleiben stationären Apotheken treu. Besonders erstaunlich: Nicht die junge Generation macht den Löwenanteil der Internetkäufer aus, sondern Menschen über 55 Jahre. Die Hälfte dieser Altersgruppe gab im Rahmen der Befragung an, bereits häufiger bei Online-Apotheken bestellt zu haben. In der Gruppe der 18-34-Jährigen machten diese Angabe nur 37 Prozent. Anhand welcher Kriterien die Befragten ihre Onlineanbieter auswählen, wurde ebenfalls ermittelt:
- 76 Prozent achten auf den Preis.
- 71 Prozent prüfen Mindestbestellwert und Versandkosten.
- Für 66 Prozent sind die Bezahlmöglichkeiten ausschlaggebend.
- Gute Beschreibungen und Abbildungen setzen 59 Prozent voraus.
Bei rezeptpflichtigen Medikamenten sind die Deutschen nach wie vor skeptisch, nur 28 Prozent bestellten entsprechende Arzneimittel im Internet. Rezeptfreie Produkte kaufen mit 64 Prozent hingegen viele über digitale Anbieter. Diejenigen, die ausschließlich in Präsenzapotheken kaufen, bemängeln lange Lieferzeiten oder mangelnde Beratung. Aber auch fehlendes Vertrauen wird als Grund genannt. Die Angst vor illegalen und gefälschten Produkten und den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken ist groß. Für den sicheren Medikamenteneinkauf müssen Verbraucher auf Internetapotheken mit Zulassung zurückgreifen. Das Informationsportal Supplements veröffentlicht regelmäßig auf wissenschaftlichen Studien basierende Fachartikel und klärt Verbraucher über diverse Themen rund um Ernährung und Gesundheit auf. In einem Ratgeber über den Arzneimittelversandhandel thematisiert die Redaktion, welche rechtlichen Voraussetzungen für Legalität erfüllt sein müssen und worauf zu achten ist, um mittels Ferndiagnose originale verschreibungspflichtige Medikamente per Online Rezept zu kaufen. Aufgrund des Fernbehandlungsverbots in Deutschland dürfen Ärzte lediglich Folgebehandlungen via Videosprechstunde durchführen, wenn sie den jeweiligen Patienten bereits innerhalb der Praxis behandelt haben. Aufgrund dessen kooperieren zahlreiche Versandapotheken mit zugelassenen Ärzten im EU-Ausland, wo es kein vergleichbares Verbot zur Fernbehandlung beziehungsweise Ferndiagnose gibt.
Ärzte und Krankenkassen unzufrieden
Trotz Lockerung des Gesetzes durch die Deutsche Ärztekammer im Mai 2018 und mehreren Landesärztekammern, die ihre Berufsordnung zur Fernbehandlung anpassten, sind Krankenkassen und Ärzte unzufrieden mit der aktuellen Lage. „Das so genannte Fernbehandlungsverbot ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, wird Landesvertretungsleiterin der Techniker Krankenkasse (TK) in Mecklenburg-Vorpommern Manon Austenat-Wied In einer Pressemitteilung zum Digitalen Fortschritt zitiert. "Es schränkt uns ein, mit weiteren Angeboten die Versorgungsprobleme in der ländlichen Region zu beseitigen." In einigen Bundesländern sind Fernbehandlungen dank der gesetzlichen Lockerungen in definierten Fällen erlaubt, auch ohne persönlichen Erstkontakt. Wie die TK in der Pressemeldung ausführt, könnten von Fernbehandlungen insbesondere mobil eingeschränkte und ältere Menschen, aber auch Familien mit Kindern profitieren. Statt einen teilweise weiten Weg zu Arztpraxen auf sich nehmen zu müssen, könnten sie von zuhause aus mit ihrem Arzt Kontakt aufnehmen. Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass durch Videosprechstunden auch die Ansteckungsgefahr sinken würde. Eine reduzierte Anzahl erkrankter Patienten in Praxen könnte auch das Übertragungsrisiko von Erregern mindern.
E-Health ist Trumpf
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet immense Chancen, um Leistungen günstiger anzubieten und dessen Qualität zu verbessern. Länder wie Österreich, Dänemark und Schweden sind Deutschland dahingehend einige Schritte voraus. Einsparungen in Milliardenhöhe wären denkbar, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden würden. Die Liste der vielversprechenden digitalen Lösungen ist lang: Ob E-Rezept, virtuelle Arztassistenten, Fernüberwachung chronisch Kranker, mobile Vernetzung von Pflegepersonal oder Diagnosetools. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass Ärzte und Apotheker umdenken und ihre Ausrichtung digital anpassen. Onlineinteraktionen sind dabei ebenso wichtig wie die Automatisierung von Prozessen und papierlose Daten.
pixabay.com: Foto 1 (jarmoluk), Foto 2 (Free-Photos)
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