G-BA Richtlinie zur Frühgeborenenversorgung kaum umsetzbar

G-BA Richtlinie zur Frühgeborenenversorgung kaum umsetzbar

12.10.2016

Viele Perinatalzentren können die Personalvorgaben der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mangels entsprechender personeller und finanzieller Ressourcen bis auf weiteres nicht vollständig umsetzen. Das ist das Ergebnis der 2. Perinatalbefragung des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), an der bundesweit 143 Perinatalzentren teilgenommen haben (Rücklaufquote: 62 %).

Die Richtlinie trat zu Jahresbeginn 2014 in Kraft und ist mit G-BA-Beschluss vom 17.09.2015 erneut geändert worden. Die Änderungen betreffen vor allem die Pflegepersonalschlüssel und die Fachkraftquoten für die pädiatrische Intensivpflege. Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft das DKI mit einem Update der 1. Perinatalbefragung aus dem Jahr 2014 beauftragt, um die Auswirkungen der erneuten Änderungen zu untersuchen.
 
Laut aktualisierter QFR-RL muss ab 2017 das Verhältnis von Frühgeborenen zu Pflegekräften jederzeit (24 h täglich) 1:1 für intensivtherapiepflichtige Frühgeborene und 1:2 für intensivüberwachungspflichtige Frühgeborene jeweils unter 1.500 g betragen. Erst jeweils rund die Hälfte der Perinatalzentren in Deutschland erreicht derzeit die Pflegepersonalschlüssel der geänderten Richtlinie bzw. erwartet dies ab 2017.
 
Gemäß Richtlinie sollen 40 % (Perinatalzentren Level 1) bzw. 30 % (Perinatalzentren Level 2) der Pflegekräfte in neonatologischen Intensivbereichen eine Fachweiterbildung „Pädiatrische Intensivpflege“ abgeschlossen haben. Aktuell erfüllt gut ein Viertel der Perinatalzentren diese Fachkraftquoten. Bei Berücksichtigung der Stichtagsregelung der geänderten QFR-RL, wonach Pflegekräfte ohne Fachweiterbildung stichtagsbezogen auf die Fachkraftquoten angerechnet werden, sind es 93 % der Perinatalzentren.
 
Um die Personalvorgaben der Richtlinie vollumfänglich erfüllen zu können, ist insgesamt von einem personellen und finanziellen Mehrbedarf von bis zu 1.750 Vollkräften (+ 28 % gegenüber heute) bzw. von bis zu 95 Mio. € (+ 27 %) auszugehen. Weitere Mehrkosten resultieren aus Personal zur Kompensation von Freistellungen für Fachweiterbildungen (bis zu 30,9 Mio. € für bis zu 580 zusätzliche Vollkräfte) und zur Abdeckung von Belegungsspitzen (bis zu 38,6 Mio. € für bis zu gut 700 zusätzliche Vollkräfte).
 
Die Bemühungen der Perinatalzentren um eine Verbesserung der Personalsituation werden durch den Personalmangel in der neonatologischen Intensivpflege massiv erschwert. 60 % der Häuser haben Stellenbesetzungsprobleme. Die Anzahl der Bewerber und Absolventen für die Fachweiterbildung „Pädiatrische Intensivpflege“ ist seit Jahren weitgehend konstant. Zudem ist die vollständige Refinanzierung der bisherigen wie der künftigen richtlinienbedingten Mehrkosten für das Pflegepersonal einstweilen offen.
 
Kennzeichnend für die Richtlinie bleibt weiterhin eine grundlegende Diskrepanz von weitreichenden Personalanforderungen und fehlender Umsetzbarkeit. Deswegen müssen zum einen die infrastrukturellen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Perinatalzentren die Richtlinie umsetzen können. Zum anderen sollten Ausnahme- und Übergangsregelungen geschaffen oder verlängert werden, um die Praktikabilität der Richtlinie zu erhöhen.

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